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Was wir jetzt brauchen: Echte Partizipation und eine inklusive Gesellschaft

Thüringen ist mit der NSU wieder in die Medien gekommen. Welche Konsequenzen braucht es in der der thüringischen Politik?

Von Madeleine Henfling, GRÜNE Thüringen

Viele Politikerinnen und Politiker waren in den letzten Wochen überrascht wie weit rechtsextreme Gewalt in Deutschland gegangen ist. Die Bürgerbündnisse gegen Rechts sowie die Initiativen gegen Rechtsextremismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit waren ob dieser Überraschung erstaunt, haben sie doch schon seit Jahren vor dem Gewaltpotenzial in der rechtsextremen Szene gewarnt. Doch die Hoffnung, dass nun endlich auch von staatlicher Seite gezielt vorgegangen wird gegen Antisemitismus, Rassismus Homophobie, Sexismus und all die Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, ist nicht die größte. Viele von uns hätten sagen können, seht ihr, wir haben euch gewarnt, hätten sich zurücklehnen können. Doch die Unbeholfenheit und der Aktionismus vieler PolitikerInnen lässt uns keine Ruhe, treibt uns um und zeigt wie wichtig wir als Zivilgesellschaft sind. Und vor allem zeigt es auch, das Demokratie ohne eine starke Zivilgesellschaft nicht funktioniert.

Zivilgesellschaft auf Augenhöhe

Der Verfassungsschutz hat gänzlich versagt, nicht nur in Thüringen sondern in ganz Deutschland. Wir haben es zu tun mit einem unangemessen Umgang mit Neonazis durch unsere Gesellschaft, durch Behörden und staatliche Einrichtungen.Und gerade weil es hier nicht nur um das Versagen Einzelner geht, sondern um ein strukturelles Versagen, muss die Aufklärung öffentlich und transparent stattfinden. Bürgerinnen und Bürger müssen hier beteiligt werden. Einmal mehr hat der Verfassungsschutz bewiesen, dass wir ihn nicht brauchen, ja das er unserer Demokratie nicht gut tut. Also weg damit! Der beste Verfassungsschutz ist eine starke Zivilgesellschaft. Die Initiativen gegen Rechts, die Projekte gegen Rechts wissen schon seit Jahren mehr über die rechtsextreme Szene in Deutschland als der Verfassungsschutz jemals herausgefunden hätte. Und diese Initiativen wissen mehr als irgendwelche Politikerinnen und Politiker, wie wir dem Problem der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit in unserer Gesellschaft begegnen müssen. Diese Initiativen müssen endlich ernst genommen werden und verdienen die Anerkennung der Politik. Und das nicht nur in Sonntagsreden, sondern im wahren Leben. Nicht nur durch Händedruck sondern durch die angemessene Ausstattung mit finanziellen Mitteln! Die Parteien wären gut beraten sich die Zivilgesellschaft endlich auf Augenhöhe an den Tisch zu holen, sie als Berater zu akzeptieren und mit ihr gemeinsam dem Problem der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit entgegenzutreten. Dazu gehört es auch anzuerkennen das Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit kein Problem irgendwelcher extremen Ränder sind. Schluss mit der Debatte um Extremismus! Damit verkennen wir das Problem mitten unter uns, überall in unserer Gesellschaft begegnen wir rechtsextremen Einstellungen. Die Menschen die das ansprechen und anprangern dürfen nicht länger als NestbeschmutzerInnen wahrgenommen werden. Das Image einer Stadt, einer Region, das Image Ostdeutschlands darf nicht über dem Mitgefühl für Opfer stehen.

Demokratie muss im Alltag erlebbar sein

Doch machen wir uns nichts vor, eine starke, schlagkräftige Zivilgesellschaft bekommen wir nicht von allein. Demokratie muss erlernt und erfahren werden und sie muss im Alltag erlebbar sein. Davon sind wir weit entfernt. Wie demokratisch sind Schulen, Gemeinden, Verwaltungen, Behörden, der Arbeitsplatz? Wie viel Mitbestimmungsrechte hat jeder Einzelne von uns? Gerade in Thüringen ist es wichtig den ländlichen Raum zu stärken und die vermeintlich sterbenden Kommunen zu unterstützen. Es braucht genau dort ein Mehr an Kultur, Mobilität und Bildungsangeboten wo es weniger Menschen gibt, die eine starke Zivilgesellschaft bilden können. Nazis machen sich leere Räume zu nutze, sie spielen die „Kümmerer“ und gewinnen so SympathisantInnen. Deshalb müssen die Parteien gerade hier aktiv werden und den Menschen Partizipationsangebote unterbreiten. Alternativen zur Nazijugendkultur sind essentiell für die Demokratie im ländlichen Raum.

Alles nichts neues denkt jetzt der eine oder die andere Engagierte? Richtig! Doch leider müssen wir es immer wieder wiederholen, denn auch nach 182 Toten durch Nazis in den letzten 20 Jahren scheinen große Teile der Politik und der Gesellschaft nicht zu verstehen, wo das Problem liegt. Und in diesem Verkennen der Problematik scheinen sie zu vergessen, wohin so etwas führt!

Zu Letzt bleibt zu sagen, die Bürgerbündnisse gegen Rechts, die Engagierten in den Initiativen gegen Rechtsextremismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sind gerne bereit zu unterstützen, als Beratende zur Seite zu stehen. Wir sind hier, unsere Bedingungen sind klar, wir wollen auf Augenhöhe mitarbeiten, wir wollen ernst genommen werden und wir wollen unabhängig bleiben!
 

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