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"Fahr nach Fulda und mach die Alte kalt"

Bis heute wurde Dorit Botts nicht in die Bundesstatik der Todesopfer rechtsextremer Gewalt aufgenommen. Die 54-jährige verblutete, nachdem Frank R. ihr im Rahmen eines Aufnahmerituals in eine rechtsextreme Organisation die Kehle durchschnitt.

Von Beeke Melcher

Dorit Botts wurde an ihrem Geburtstag, dem 17. August 2001, in Fulda durch 13 Messerstiche in den Oberkörper und das Gesicht in ihrem eigenen „Military Laden“ getötet. Da der 18-jährige Täter, Frank R., nach der Gewalttat Bekleidung und Bargeld im Wert von 1000 DM raubte, stand das Motiv Habgier schnell fest. Zwar zog die Polizei kurzzeitig in Betracht, dass Motive aus der rechten Szene von Bedeutung sein könnten, schloss dies aber schnell aus. Das Landgericht Erfurt verurteilte Frank R., wegen Mordes in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge, zu neun Jahren und zwei Monaten Haft.

Erst vier Jahre später, in einer Verhandlung, in der Frank R. als Zeuge auftrat, wurde durch die Aussage des Täters klar, dass es sich bei dem Mord an Dorit Botts um ein Aufnahmeritual der Thüringer Neonaziorganisation „Deutsche Heidenfront“ handelte. Zum Mord angestiftet wurde Frank R., nach eigener Aussage, von einem Freund, der mit ihm in einer rechtsextremen Metal-Band spielte, mit den Worten „Fahr nach Fulda und mach die Alte kalt".

Laut Gericht war das Motiv für den Mord an Dorit Botts von Frank R. in erster Linie die Erfüllung des Aufnahmerituals. Dies sei „Tatantrieb und tatbeherrschend“ gewesen. Allerdings wird der mutmaßliche Anstifter später freigesprochen.

Bezüglich der Beurteilung ähnlicher Fälle bei der Aufnahme in die Bundesstatistik sei immer das Tatmotiv, nicht ob der Täter rechtsextrem sei, ausschlaggebend. Opferverbände halten diese Definition für realitätsfern und sprechen von Verschleierung deutscher Wirklichkeit.

Der rechtsextreme Hintergrund ist so offensichtlich, dass die Tat in die Bundesstatistik der Opfer rechter Gewalttaten aufgenommen werden müsste. Bis heute ist dies trotz mehrfacher parlamentarischer Anfragen auf regionaler als auch nationaler Ebene nicht geschehen. Dorit Botts ist ein weiteres Beispiel wie die Behörden nach willkürlichen Maßstäben Opfer aus der Statistik ausschließen.

Die offizielle Statistik der Regierung zu den Todesopfern rechter Gewalt wird vom Innenministerium mit der Krux des Föderalismus und den unterschiedlichen Angaben aus den Bundesländern begründet. Mit Ausnahme der seltenen Fälle, in denen das BKA von der zuständigen Staatsanwaltschaft mit Ermittlungen beauftragt wird, obliegt die Zuordnung einer Straftat zur politisch motivierten Kriminalität den Behörden des Bundeslandes, in welchem der jeweilige Tatort liegt.

Bis heute umfasst die Statistik der Regierung lediglich 48 Menschen, die von rechtsextremen Tätern ermordet wurden. Die Amadeu-Antonio-Stiftung zählt 182 Opfer.

Weitere Informationen bei Opferfonds CURA

Foto: © Danny Frank