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Was tun gegen Nazi-Gewalt?

Am Mittwoch beginnt der NSU-Prozess in München. Auf einer Podiumsveranstaltung des stern am selben Tag diskutieren Prominente wie Uli Hoeneß und Peter Maffay mit Experten über rechte Gewalt.

zuerst erschienen auf stern.de

Journalisten sollten sich mit keiner Sache gemein machen, hat der große Kollege Hanns Joachim Friedrichs geraten, auch nicht mit einer guten Sache. So ratsam es ist, die Dinge aus einer angemessenen Distanz zu betrachten, so sehr stimmt auch, dass wir Berichterstatter nicht unbefangen in die Welt schauen. Und manchmal über das Schreiben hinaus aktiv werden, weil wir nicht ertragen, worüber wir berichten.

So erging es uns, als wir im Jahr 2000 nach einer Reportage über den in Dessau von jugendlichen Neonazis getöteten Familienvater Alberto Adriano die stern-Kampagne "Mut gegen rechte Gewalt" ins Leben riefen. Neben vielen anderen Initiativen konnten wir durch die Spenden von stern-Leserinnen und Lesern so auch die Gründung eines mittlerweile auch international anerkannten Projekts anschieben. Exit bietet Aussteigern aus der Neonazi-Szene eine Perspektive. Mittlerweile schafften fast 500 Rechtsradikale einen Ausweg.

Zudem konnten wir viele kleinere und größere Initiativen in Dörfern und Städten fördern: Unser Ziel ist und war es, vor Ort Menschen zu stützen und zu unterstützen, die sich nicht wegducken, wenn Neonazis wieder Einfluss zu nehmen versuchen.

Mit Bestürzung haben wir, wie viele andere auch, reagiert, als vor anderthalb Jahren offenbar wurde, was viele von uns befürchtet hatten: dass sich Neonazis zunehmend radikalisieren und sich in terroristischen Strukturen organisieren. Die Gefahr von rechts ist mit der Enttarnung des "Nationalsozialistischen Untergrund (NSU)" nicht weniger geworden. Dieser Mörderbande und ihren mutmaßlichen Unterstützern aber wird jetzt in München der Prozess gemacht.

Aus diesem Anlass wollen wir vom stern am Abend des Prozessauftakts zu einer Podiumsdiskussion ins Münchner Rathaus einladen. Unterstützt wird die Veranstaltung von Daimler, dem Münchner Volkstheater ebenso wie vom Oberbürgermeister der Stadt München, Christian Ude. Wir wollen gemeinsam diskutieren, wie jeder von uns sich einmischen kann, wie jeder von uns sich engagieren kann, damit wir alle uns mutig und entschlossen einmischen. "Was tun gegen Nazi-Gewalt": Das ist die Frage, der sich ab 19 Uhr im Großen Sitzungssaal des Rathauses einige Persönlichkeiten stellen. Wir wollen sie hier kurz vorstellen:

Uli Hoeneß. Der Präsident des FC Bayern München engagiert sich seit vielen Jahren auch gesellschaftspolitisch. Er zählt zu den ersten Unterstützern der stern-Kampagne "Mut gegen rechte Gewalt".

Peter Maffay. Der Sänger unterstützt schon lange Jugendprojekte. Gemeinsam mit Udo Lindenberg und anderen Musikern sorgte er 2001 im Rahmen der Tournee "Rock gegen rechte Gewalt", dass die Neonazi-Aussteiger-Initiative Exit starten konnte. Nach Bekanntwerden der NSU-Mordserie organisierte er im Dezember 2012 in Jena das bislang größte Konzert gegen rechte Gewalt, vor 50.000 Menschen.

Christian Stückl. Der Intendant des Münchner Volkstheaters versucht auch abseits seines künstlerischen Schaffens, Menschen mit unterschiedlichen Ansichten miteinander zu verbinden. Zuletzt erhielt er den "Integrationspreis" der Regierung von Oberbayern.

Bernd Wagner. Der ehemalige Polizist gründete Exit vor 13 Jahren, gemeinsam mit dem Ex-Neonazi Ingo Hasselbach, nach der Wende einer der führenden rechtsradikalen Kader. Er gilt als renommierter Extremismus-Experte und berät Wirtschaftsunternehmen, Politiker und Verfassungsschützer im Kampf gegen rechte Gewalt.

Hatice Akyün. Die Berliner Autorin reiste nach einer Lehre als Justizangestellte durch die Welt. Ihre Eltern kamen 1972 aus der Türkei nach Deutschland. Seitdem schreibt sie über ihr Leben in verschiedenen Kulturen und setzt sich selbstbewusst und selbstironisch mit Urteilen und Vorurteilen auseinander. Im Berliner "Tagesspiegel" schreibt sie die Kolumne "Meine Heimat".

Franka S. Die ehemalige Aktivistin fand über Exit einen Weg aus der rechtsextremen Szene. Sie war in verschiedenen Kameradschaften aktiv und gründete einen Ortsverband der mit der NPD fusionierten DVU. Bis 2009 war sie zudem in einem rechtsradikalen Projekt aktiv, das unter anderem Bombenbau-Anleitungen verbreitete.

Mehmet Daimagüler. Der Rechtsanwalt vertritt zwei Familien, deren Angehörige von den NSU-Terroristen ermordet worden sind. Als Sohn türkischer Einwanderer streitet er seit Jahren gegen Intoleranz und Rassismus. Im Münchner NSU-Prozess tritt er als ein Vertreter der Nebenkläger auf.

Hans-Ulrich Jörges. Der engagierte Journalist, Mitglied der stern-Chefredaktion, beklagte vor wenigen Wochen in seinem Kommentar "Schämt Euch" die zögerliche Unterstützung von Bürgerinitiativen gegen rechte Gewalt durch staatliche Institutionen. Sein Aufschrei hatte großen Anteil, dass Exit nun dauerhaft von der Bundesregierung gefördert werden soll. Hier nachzulesen

Die Veranstaltung beginnt am 17. April um 19 Uhr. Einlass ab 18 Uhr. Wir bitten anstelle eines Eintritts um eine Spende von zehn Euro für die Arbeit von Exit.


 

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