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23.07.2018 - 00:07, Untermaßfeld

Untermaßfeld
Thüringen
Quelle: 

MDR
Antwort der zuständigen Polizeidienststelle auf Anfrage durch die Amadeu Antonio Stiftung

Laut Polizei waren vier minderjährige Geflüchtete am Abend auf dem Weg zu ihrer Unterkunft. In der Karl-Marx-Straße trafen sie auf einen 35-Jährigen, der in der Nähe wohnt. Es soll laut Polizei zu einem Streit gekommen sein. Der Mann soll daraufhin auf die Asylsuchenden geschossen haben. Nach Zeugenaussagen entfernte sich die Gruppe der Geflüchteten, nachdem der Verdächtige auf sie geschossen hatte. Körperlich verletzt wurde nach bisherigen Informationen niemand. Spezialkräfte der Polizei nahmen den Mann am Dienstagvormittag fest. Die Beamten beschlagnahmten in der Wohnung des Mannes zwei Schreckschusswaffen und eine Softairwaffe. Die Kiminalpolizei ermittelt zum Tathergang.
 
Update:
Auf Nachfrage der Amadeu Antonio Stiftung teilt die Pressestelle der für die Ermittlungen in diesem Fall zuständigen Landespolizeiinspektion Suhl schriftlich mit, dass der Vorfall im kriminalpolizeilichen Meldedienst nicht als „politisch motivierte Kriminalität-rechts“ bewertet worden sei. Zur Begründung gibt die Pressestelle folgendes an: "Nach Bekanntwerden des Vorfalls leitete die Polizei umfangreiche Ermittlungen ein, bei denen eine mögliche politische Tatmotivation gründlich geprüft wurde. Dies bestätigte sich nicht im Rahmen der Ermittlungen. Ausgangspunkt waren vorangegangene private Auseinandersetzungen, da der Beschuldigte das laute Auftreten der Personen (UMAS [= "Unbegleitete minderjährige Ausländer", Anm. der Amadeu Antonio Stiftung]) zu laut empfand." (sic) Dementsprechend habe die Polizei den Vorfall auch nicht dem Unterthema „gegen Asylbewerber/Flüchtlinge“ zugeordnet, heißt es weiter.
Die Amadeu Antonio Stiftung hat sich entschlossen, den Vorfall entgegen der Einschätzung der Polizei in die Chronik flüchtlingsfeindlicher Vorfälle aufzunehmen. Die Stiftung kann der Argumentation der Polizei in diesem Fall nicht folgen. Vielmehr erkennt die Stiftung in der Einstufung des Vorfalls durch die Polizei eine Entpolitisierung eines schwerwiegenden Übergriffs. Zwar mag der Tatverdächtige den Übergriff gegenüber der Polizei mit einer durch ihn empfundenen Ruhestörung begründet haben. Dies kommt jedoch angesichts eines massiven Übergriffs auf vier Jugendliche nach Einschätzung der Amadeu Antonio Stiftung eher einer Schutzbehauptung gleich, die das rassistische Moment des Vorfalls verschleiert. Es sollte nicht Aufgabe einer ermittelnden Polizeidienststelle sein, sich die Argumentation eines Tatverdächtigen zu eigen zu machen.