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All die netten Leute von der NPD


Nett, vor Ort und an den Sorgen der Bürgerinnen und Bürger interessiert. Die NPD gibt sich volksnah und schafft es, mit lokalen Themen einzelne Stimmungen in Mecklenburg-Vorpommern gekonnt aufzugreifen und anzuheizen.


Von Rainer Mai

Seit letzter Woche wissen wir, dass es in Mecklenburg-Vorpommern bei den diesjährigen Wahlen eine ganz besondere Situation gibt. Durch die dortige Kreisgebietsreform, die ebenfalls wie der Wahltag am 4. September greift, hat die NPD große Chancen auch mit regionalen Themen in größeren Kreisen zu punkten. Gerade die Strategie, sich besonders volksnah zu zeigen und sich auf kommunale Themen zu konzentrieren, kann durch die dann viel größeren Gebiete noch mehr Wählerinnen und Wähler anziehen. Doch mit welchen Themen genau kann die NPD in Mecklenburg-Vorpommern punkten und wie präsentiert sie sich vor Ort?

Kummerkasten NPD

Der Schwerlastverkehr auf der B104, die einmal quer durch Mecklenburg-Vorpommern läuft, die schlechte Ausrüstung der örtlichen Feuerwehr und die Existenzbedrohung der Fischerinnen und Fischer im Bundesland. Diese Themen sind sehr speziell und repräsentieren genau die Bedürfnisse der Menschen vor Ort. „Der NPD gelingt es sehr subtil die Stimmung in einer Region aufzugreifen und anzuheizen“, so der NPD-Experte Günther Hoffmann. So auch in Bezug auf die LKWs auf der B104. Die Einführung der Autobahnmaut in 2005 sorgte dafür, dass die Bundesstraße enorm durch Schwerlastverkehr frequentiert wird. Den Unmut, der hier bei den Anwohnerinnen und Anwohnern entsteht, wird von der NPD geschickt kanalisiert. Sie sichert schnelle Unterstützung zu und schafft es gleichzeitig, die eigene völkische Ideologie gekonnt unter die Forderungen zu mischen. So wird nicht gar das Ende des Lastverkehrs auf der Bundesstraße oder der Bau von Schallschutzwänden gewünscht, sondern die komplette Schließung am Grenzübergang zu Polen und das damit verbundene Ende „ausländischer LKWs“ auf der Bundesstraße gefordert.

„Körpereinsatz fürs Volk“


Ein zusätzlicher Pluspunkt, den sich die NPD mit den kommunalen Themen verschafft ist, dass sich so wunderbar gegen die aktuelle Landespolitik und die „feinen Demokraten“ wettern lässt. In Bezug auf die fehlenden finanziellen Mittel bei der freiwilligen Feuerwehr, nehmen die „Kameraden das Problem selbst in die Hand“ und laufen mit der Spendenbüchse durch die betroffenen Orte. Mit solch einem Körpereinsatz schafft man sich neue Freundinnen und Freunde. Ein junges Feuerwehrmitglied, das seinen Verein retten möchte geht also Seite an Seite mit NPD-Mitgliedern auf Spendensuche. Plötzlich kennt man sich, grüßt sich auf der Straße und findet sich doch eigentlich ganz nett. Es folgen persönliche Einladungen zu den örtlichen Kameradschaften oder den Jungen Nationaldemokraten (JN), die mit vielen Angeboten, wie Wettkämpfen, Ausflügen und Konzerten gut klingen. Vermittelt werden dort drei Dinge: Bildung, Aktivismus und Gemeinschaft. Auf den ersten Blick eigentlich ganz nett, könnte man meinen. Betrachtet man sich aber das was dahinter steht, wird einem schnell klar. Nett ist anders.

Den Kopf gewaschen


Hinter dem vermittelten Begriff der Gemeinschaft steht eine rassistische Ideologie, die behauptet ein Verbundenheitsgefühl sei umso stärker, wenn die Nation nur ein Volk einer „Menschenart“ umschließt, denn die Gebundenheit zur Art sei stärker als die zur Nation, weil diese naturgesetzlich sei. Unterfüttert wird solch eine Ideologie mit einer massiven Medienpräsenz und kostenlosen Schulungen. Denn neben der Gemeinschaft ist Bildung ein großer Pfeiler. In den Kameradschaften und der mittlerweile wieder aktiven JN wird gleich zu Beginn vermittelt: „Verbessert eure Schulleistungen“, erklärt Günther Hoffmann. Die Jugendlichen werden gefördert und verbessern tatsächlich ihre Schulleistungen. Damit einher geht Anerkennung in der Gruppe und die Steigerung des eigenen Selbstbewusstseins. Die Außenwirkung der NPD, besonders bei den Eltern der Jugendlichen, verbessert sich so dramatisch. Menschenverachtende, rassistische Ideologien und gewaltverherrlichende Weltanschauungen werden völlig vergessen.

(K)eine Wahl?


In einigen Landkreisen kommt hinzu, „dass das Angebot auf demokratischer Seite sehr gering ist“, beschreibt Hoffmann die Situation in Mecklenburg-Vorpommern. Die NPD verteilt also oft munter und ungestört ihr Propagandamaterial, Zeitungen und Zeitschriften – kostenlos versteht sich. „Die Jugendlichen vor Ort lesen, was ihnen in die Finger kommt“, sagt der NPD-Experte. Mit witzigen Comics und Wortspielen wird sich über demokratische Wertvorstellungen lustig gemacht und verschobene Wahrnehmungen aktueller Nachrichten propagiert. „Gerade bei jungen Menschen hat die NPD ein Monopol“, so Hoffmann. In vielen Gebieten Mecklenburg-Vorpommerns haben die Menschen schlicht Angst, sich gegen die NPD und neonazistische Einstellungen einzusetzen. Besonders was auch Stellungnahme auf kommunaler Ebene von Fraktionsvorsitzenden demokratischer Parteien angeht. „Da laufen in Uecker-Randow NPD-Aktionen völlig unkommentiert ab, kein Wunder, dass die Leute denken es sei okay!“, sagt der Experte empört.

Dass Gewalt ebenfalls ein großer Teil der Ideologie ist und wie die freien Kräfte in Mecklenburg-Vorpommern in diesem Umfeld wirken, wird in zwei Wochen Thema der Artikelreihe sein. In der nächsten Woche beschäftigen wir uns zunächst mit Hochburgen der NPD in Mecklenburg-Vorpommern.

Foto: Wiki-observer, cc. Anm. d. Red: Die Personen auf dem Foto stehen in keinem Zusammenhang mit der NPD
 

Kein Ort für Neonazis in Mecklenburg-Vorpommern

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Freiwillige Feuerwehr