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Jugendarbeit

Ein Mittel für rechtsextreme Kader, sich lokale Einflusszonen zu erarbeiten, besteht in der Herstellung von Akzeptanz in der Bevölkerung. Diese soll durch "nationale Jugendarbeit", soziales Engagement und vorbildliches Verhalten der jungen Rechten erreicht werden.

Nachweisbar wurde von Rechtsextremisten in den letzten Jahren versucht, eine "nationale Jugendarbeit" im diesem Sinne des "Dienstes an der Volksgemeinschaft" umzusetzen. Vor allem die NPD und ihrer Jugendorganisation JN verfolgen diese Strategie. Sie organisieren Gesangskreise junger Kameraden in Altenheimen, Baumpflanzaktionen in tristen Plattenbausiedlungen, Schifffahrten oder Zeltlager für Jugendliche. Die NPD veranstaltet Kinderfeste und versucht Schülerzeitungen zu installieren, begleitet Kinder allein erziehender Mütter zum Kindergarten oder leistet Hausaufgabenhilfe.

Kultivierter Umgang und das Vorleben von Sekundärtugenden wie Pünktlichkeit, Sauberkeit, Selbstdisziplin und Fleiß sollen der noch jüngeren Gefolgschaft Orientierung geben, vor allem aber die Bevölkerung überzeugen, dass Nachwuchs-Rechtsextremisten anständige, vorbildliche Jugendliche sind. Wo dies gelingt, lässt sich die Dominanz rechtsextremer Jugendkultur zementieren, die sich etwa in No-Go-Areas für Andersdenkende ausdrückt.

Ein zweiter wichtiger Zweck der „nationalen Jugendarbeit“ ist es, Jugendliche mit rechtsextremer Ideologie in Kontakt zu bringen. Attraktiv sind die Angebote der Rechten oft schon aus Mangel an Alternativen. Besonders in Ostdeutschland fehlt es der staatlichen Jugendarbeit an Personal und Sachausstattung, um Angebote zu machen, und es wird beständig weiter gekürzt. Konfessionelle Jugendarbeit war dort schon zu DDR-Zeiten kaum mehr vorhanden.

Heute sind rechtsextreme Jungfunktionäre teilweise die einzigen agilen Ansprechpartner für Jugendliche; sie sind es, die sich für deren Bedürfnisse interessieren und Angebote machen. Vor allem die JN füllt hier ein Vakuum aus und schafft sich durch ihre "nationale Jugendarbeit" Akzeptanz.

Dass Jugendliche aber auch den Eindruck bekommen, dass die so vermittelten politischen Überzeugungen in der Gesellschaft akzeptiert seien, liegt oft an der Gleichgültigkeit der Erwachsenen, etwa der Lehrer und Sozialpädagogen, die nicht bereit sind, sich inhaltlich mit rechtsextremen Themen auseinanderzusetzen, und die Missachtung demokratischer Wertestandards wie des Gleichwertigkeitsgrundsatzes hinnehmen.

Standpunkte. Erziehung für Demokratie • gegen Rechtsextremismus, CD-Rom für LehrerInnen. RAA Berlin e.V. / LISUM 2002

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