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ABC-Pößneck

Das Aktionsbündnis Courage Pößneck (ABC-Pößneck) gründete sich im April 2005 nach einem bis dato größten Neonazi-Konzert in Thüringen. Für uns war es beschämend zu sehen, dass Rechtsextreme im Jahre 2003 das Gebäude, in dem man einst seine Jugendweihe feierte, auf völlig legalem Weg erwerben konnten und zur ersten Veranstaltung im Jahre 2005 mit einer, zur kriminellen Vereinigung erklärten Rechtsrock-Band auftraten. Anfang des Jahres 2005 waren mehr als 30 Jugendliche aus allen jugendkulturellen Szenen im ABC involviert, deren Menschen- und Weltverständnis nicht mit rechtsextremen und menschenfeindlichen Werten vereinbar ist. Zu Beginn war das Ziel zunächst, dass Pößnecker Schützenhaus aus neonazistischer Hand zurückzugewinnen.

Die Jugendlichen von einst haben gelernt, dass allein die Tatsache „gegen Nazis zu sein“ nicht ausreichend ist, um gegen menschenverachtende Ideologien vorzugehen. Wir haben gelernt, dass Demokratieförderung, gekoppelt mit der Aufklärung über rechtsextreme Strukturen und Erscheinungsformen weit mehr Wirkung zeigt. Mithilfe des Bildungswerkes BLITZ e.V. leisten wir seit dem Jahre 2006 wirkungsvolle Arbeit in Form von lokal agierenden mobilen Beratungsteams, die vorwiegend an Schulen tätig werden sollten. Dass Pößneck als eine der ersten Städte vom lokalen Aktionsplan profitieren konnte, liegt auch überwiegend an der Arbeit des Mobilen Beratungsteams, deren Nachfrage bestätigt, dass die Arbeit gewünscht und gebraucht wird.

Mit der neu gegründeten Pößnecker Geschichtswerkstatt und dem Stolpersteinprojekt werden wir uns 2008 stärker mit der NS-Zeit und der jüdischen Vergangenheit in Pößneck auseinandersetzen. Parallel dazu stieg natürlich auch der Wunsch, intensiver an kommunalen Vorgängen und Informationen im Kontext zu Rechtsextremismus und deren Bestrebungen eingebunden zu werden. Das gegenseitige Achten der Menschen, die Erinnerung und Aufrechterhaltung der Geschichte, muss von allen meinungsbildenden Institutionen unterstützt, gefördert und aktiv selbst mit gestaltet werden, sollte vor allem aber auch mit gestalten lassen.

Auch nach drei Jahren können wir noch nicht behaupten den besten Draht zur Stadt zu haben. Oft erhoff en wir
uns mehr Kommunikation und Beteiligung. Leider müssen wir auch feststellen, dass wir
bundesweit weitaus bekannter sind als in Pößneck selbst. Dies liegt zum einen daran, dass wir seit der Gründung bundesweite Pressearbeit geleistet haben. Aus unseren Erfahrungen haben wir Lehren gezogen, praktische Vorgänge detailliert und Projekte verfeinert. Wir haben uns angeeignet, uns einzumischen. Bedenkt man, dass die Jugendlichen von einst mit Dingen wie Förderanträgen und Sicherheitsgesprächen nichts anzufangen wussten, empfinden wir das ABC auch als persönlichen Erfolg. Sich das „Mitmischen“ anzueignen, geht konform mit Spaß, Stress, Erfolg, Tränen und der Sicht auf neue Horizonte. Das ABC hat uns selbst auf eine gewisse Art und Weise geschult. Zivilcourage leisten, „den Mund aufmachen“ und „seinen Beitrag leisten“ sind Werte für uns geworden die uns das ABC lehrte.

www.abc-poessneck.de

Aus: Holger Kulick (Hrsg.), MUT-ABC für Zivilcourage. Ein Handbuch gegen Rechtsextremismus. Von Schülern für Schüler, Leipzig 2008.
Bei Direktbestellung HIER für fünf Euro zu erwerben.

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