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Rathäuser für Rassistinnen und Rassisten?


Die Berliner Bürgermeisterinnen und Bürgermeister versuchen seit einem gemeinsamen Beschluss im Januar, öffentliche Räume nicht an Verbände und Parteien mit rechtsradikalen oder rechtspopulistischen Inhalten zu vermieten. Doch NPD und Pro Deutschland hatten mit Klagen vor Gericht Erfolg. Der Pro Deutschland- Bundesparteitag am vergangenen Samstag fand in einem Berliner Rathaus statt.


Immer wieder mieten Verbände und Parteien mit rassistischen, antisemitischen oder anderen menschenfeindlichen Einstellungen öffentliche Räume an. So fand etwa im Juni in der Bamberger Kongresshalle zum zweiten Mal nach 2008 der Bundesparteitag der NPD statt. Die Stadt versuchte auf verschiedenen Wegen dies zu verhindern, scheiterte aber vor dem bayerischen Verwaltungsgericht aufgrund des Gleichbehandlungsgesetzes: Andere Parteien dürften ja ebenso die Räume mieten also müsse dies auch der NPD erlaubt werden, solange sie nicht verboten sei. Nun befürchtet Bamberg, dass die rechtsradikale Partei jedes Jahr wieder kommt.

Engagierte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister


Die Stadt Berlin hat das gleiche Problem. Immer wieder möchten rechte Parteien wie die NPD in einem der symbolträchtigen Berliner Rathäuser Parteitage oder Sitzungen abhalten. Auf Initiative der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) beschlossen daher im Januar alle Berliner Bezirksbürgermeisterinnen und Bürgermeister Klauseln in den Mietverträgen öffentlicher Gebäude einzuführen, die es potenziellen Mietern mit menschenfeinlichen Einstellungen unmöglich machen sollten, öffentliche Räume zu mieten. Eine Empfehlung hierzu hatte die MBR schon vor vielen Jahren herausgegeben. Auf Grundlage dieser Empfehlung passte das Bezirksamt Berlin-Reinickendorf 2009 den Mietvertrag an, den es letztes Jahr der NPD zwecks Vermietung des Rathauses für den Bundesparteitag ausstellte. Das Bezirksamt stellte der NPD im Rathaus Reinickendorf nur den Saal und nicht das Foyer zur Verfügung, obwohl es gängig ist, auch das Foyer mitzuvermieten. Zudem hatte das Bezirksamt den Überlassungsbescheid nur mit Vorbehalt des Widerrufs zur Verfügung gestellt, für den Fall, dass die Veranstaltung „einen rassistischen, antisemitischen oder antidemokratischen Verlauf“ nehme.

„Antifaschistische Klausel“ ungültig


Gegen diese sogenannte „antifaschistische Klausel“ klagte die NPD gegen das Bezirksamt Berlin-Reinickendorf und bekam am vergangen Freitag recht: „Die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts stellte fest, die NPD habe einen Anspruch auf Überlassung des Saales einschließlich des Foyers gehabt […] Der Widerrufsvorbehalt sei rechtswidrig gewesen. Er entspreche nicht dem allgemeinen Verfahrensrecht, da im Zeitpunkt des Bescheiderlasses alle Voraussetzungen für den Überlassungsanspruch vorgelegen hätten. Der Vorbehalt verstoße auch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, da die Behörde nach ihrer hier maßgeblichen früheren ständigen Praxis Säle ohne Nebenbestimmungen überlassen habe. Der Widerrufsvorbehalt verstoße inhaltlich gegen Art. 21 des Grundgesetzes. Da Parteien bis zu ihrem Verbot durch das Bundesverfassungsgericht privilegiert seien, dürften deren Meinungsäußerungen nicht beschränkt werden, solange diese nicht gegen Strafgesetze verstießen.“, heißt es in einer Pressemitteilung des Verwaltungsgerichtes Berlin.

Alternativen?


Trotz des Rückschlages ist Bianca Klose, Projektleiterin der MBR, optimistisch, dass die Berliner Bürgermeisterinnen und Bürgermeister nach neuen Möglichkeiten suchen werden. „Es wird eine juristische Herausforderung nach neuen Möglichkeiten zu suchen“, so Klose. Allerdings sei das Verhalten der Bezirksämter vorbildlich für ganz Deutschland. Sie sei sich sicher, dass die Berliner Bezirke zusammen kommen werden um das Raumvergabeverfahren zu modifizieren: „Ich bin der Meinung, dass der eingeschlagene, couragierte Weg weiter verfolgt werden sollte und auch eine weitere juristische Auseinandersetzung nicht gescheut werden soll. Es ist notwendig genau auszuloten, welche juristischen Möglichkeiten es geben könnte“, berichtet Klose. Das Verwaltungsgericht erkannte ebenfalls die grundsätzliche Bedeutung der Streitfrage und ließ daher die Berufung an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zu. Es bleibt also abzuwarten, wie der Rechtsstreit weitergeht und zu hoffen, dass in Berlin eine Lösung gefunden wird, die von allen Städten übernommen werden kann.

Pro Deutschland im Rathaus Schöneberg


Auch das Berliner Rathaus Schöneberg hätte ein erprobtes Verfahren gut gebrauchen können. Am vergangenen Samstag hielt Pro Deutschland hier seinen vierten Bundesparteitag statt. Ursprünglich sollte dieser bereits Anfang Juni stattfinden, doch die demokratischen Parteien hatten den Sitzungssaal im Vorfeld immer wieder für angebliche Sitzungen reserviert. Doch auch hier bekamen die Rechten vor Gericht recht: Sie klagten vor dem Verwaltungsgericht, welches ebenfalls aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes der rechtspopulistischen Partei zustimmte und das Bezirksamt Schöneberg anwies, Pro Deutschland den Saal zur Verfügung zu stellen. Somit konnte am Wochenende in Schöneberg die Verlegung des Bundesverbandes von Köln nach Berlin beschlossen werden, wo Pro Deutschland nächstes Jahr in den Senat und die Bezirksversammlungen einziehen möchte. Während in einigen Ostbezirken die NPD Chancen hat die 5%-Hürde zu schaffen, werden die Rechtspopulisten von Pro Deutschland vor allem in einige Westbezirken mit antimuslimischer Hetze auf Stimmenfang gehen.

Gegen den Parteitag der rund 50 angereisten Rassistinnen und Rassisten von Pro Deutschland protestierten am Samstag rund 1.000 Menschen vor dem Rathaus Schöneberg. Kurzzeitig wurde eine der Zugangsstraßen, durch welche Pro Deutschland Angehörige zu Fuß zum Rathaus wollten, blockiert. Doch dann lud die Polizei die zumeist älteren Herren in ihre Autos ein und fuhr sie mit hoher Geschwindigkeit zur anderen Seite des Gebäudes. In einer Stellungnahme kritisieren die Organisatorinnen und Organisatoren des Gegenprotests „die massive Behinderungstaktik und unverhältnismäßige Gewaltanwendung durch die Polizei“, welche etwa Demonstrierende ohne vorherige Aufforderung zum Freiräumen des Weges von Hinten heftig schubste und somit Verletzungen in Kauf nahm. „Unerwähnt sollten aber auch nicht die Festnahmen wegen Aufrufens zu einer Straftat bleiben. Immer wieder werden Personen, weil sie zu friedlichen Sitzblockaden aufrufen, kriminalisiert und festgenommen. Wir verweisen noch einmal darauf, dass Blockieren unser Recht und keinesfalls eine Straftat darstellt“, heißt es in der Stellungnahme weiter.

Dreck wegputzen

Zu einer Putzaktion am und im Rathaus Schöneberg hatte für den Montag nach dem Parteitag das Integrationszentrum Harmonie e.V. gemeinsam mit anderen Vereinen aufgerufen. Ziel war die „symbolische Beseitung des zurückgelassenen braunen Drecks und Gestanks“ der selbsternannten Bürgerbewegung Pro Deutschland. Die SPD-Fraktion lud daraufhin zu einer Putzaktion im Sitzungssaal ein, die jedoch der den Bürgermeister vertretende Stadtrat Bernd Krümer (CDU) untersagte. So konnte nicht der Saal sondern nur die Eingangsstufen und das Treppenhaus des Rathauses „gereinigt“ werden.

Von Lisa Doppler
Foto: Kappa Photo, c

Bilder von den Protesten am Samstag finden Sie bei Netz gegen Nazis.
 

Rechtspopulisten in Berlin stoppen!

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Kappa Photo, c; Rathaus Schöneberg nach ProD