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Hessischer Ex-NPD-Chef Wöll zu Haftstrafe verurteilt

Erst ist Marcel Wöll im hessischen Landtagswahlkampf mit der NPD baden gegangen, jetzt scheiterte er mit einem Revisionsantrag in Gießen vor Gericht. Gedenkstättenfahrten hatte er als ''Gehirnwäsche'' verunglimpft. Und er wollte das natürlich ganz anders gemeint, als gesagt haben.

Jetzt winken dem früheren Chef der hessischen NPD vier Monate Haft wegen Volksverhetzung. In dem Berufungsverfahren am Landgericht Gießen sahen es die Richter am Mittwoch als erwiesen an, dass der 25-Jährige während einer Sitzung des Wetterauer Kreistages im März 2007 den Holocaust geleugnet hat. Damit bestätigte das Gericht das Urteil aus erster Instanz vom Amtsgericht Friedberg. Die Staatsanwaltschaft hatte sechs Monate ohne Bewährung gefordert, die Verteidigung dagegen auf Freispruch plädiert.

In der Verhandlung am Mittwoch wurde ein Tonbandmitschnitt aus der Sitzung des Wetterauer Kreistages vorgespielt, auf dem der NPD-Kreistagsabgeordnete Wöll mit den Worten zu hören ist: „Da gibt es noch Zuschüsse für Fahrten von Jugendgruppen und Schulklassen zu den Stätten des sogenannten nationalsozialistischen Terrors - also Gehirnwäsche für Schüler.“ Die Äußerung hatte im Kreistag einen Tumult ausgelöst. Der Kreis bezuschusst seit Jahren Fahrten von Jugendlichen zu Gedenkstätten für Opfer des nationalsozialistischen Terrors wie das frühere Konzentrationslager Auschwitz.

Angeblich nur "verhaspelt"

Nach den Worten seiner beiden Verteidiger wollte Wöll mit seiner Äußerung in keiner Weise den Holocaust leugnen. Er habe eigentlich sagen wollen: „die sogenannten Stätten des nationalsozialistischen Terrors“ statt "Stätten des sogenannten nationalsozialistischen Terrors" und damit einen Punkt aus der Haushaltsvorlage des Kreises aufgreifen wollen. In der Hitze der Debatte habe er sich aber verhaspelt und versprochen. Mit den Worten „Gehirnwäsche für Schüler“ habe er ausdrücken wollen, dass bei Kindern mit Fahrten zu Gedenkstätten Schuldgefühle erzeugt würden.
Ob jetzt Wöll welche hat? Schon in seiner ersten Verhandlung im August 2007 schien das Gericht diesen Eindruck nicht zu haben, sondern vertrat den Standpunkt, dass Wöll damals sehr gezielt formuliert habe. Sein Wortlaut sei eindeutig, und Wöll habe sich bis zur Verhandlung nicht von der Aussage distanziert, obwohl er genug Gelegenheit dazu gehabt hätte. In einem Interview mit der Hessenschau, welches am selben Tag wie die Kreistagssitzung geführt worden war hatte Wöll gar erklärt, er könne zu der Frage, ob es den Holocaust gegeben habe, "nichts sagen, weil ich mich sonst strafbar machen würde".

In der Neonaziszene hatte sich der Butzbacher zunächst einen Namen gemacht, in dem er gedresst wie ein Tagesschausprecher eigene Videonews aus der rechten Szene zusammenstellte, die anfangs auch via Youtube verbreitet worden sind. Bei der hessischen Landtagswahl Anfang des Jahres hatte er jedoch nur 0,9 Prozent der Stimmen geholt. Nach nur zwei Jahren im Amt als hessischer NPD-Parteichef verzichtete er daraufhin im April auf eine Wiederwahl, angeblich aus "privaten Gründen". Auf Webseiten der Antifa ist ein Foto zu sehen, das Wöll zeigen soll, wie er 2004 noch aussah - weitaus weniger seriös verkleidet, sondern mit Glatze und einem T-Shirt mit einer “18″ und der zutreffenden Aufschrift “Old School Racist”: Die 18 steht bekanntlich in der Neonaziszene für AH-Adolf Hitler...

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www.mut-gegen-rechte-gewalt.de / Quellen: dpa,faz-net,indymedia,hr,mut / hk


 

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