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Ende des Misstrauens? Die Extremismusklausel ist abgeschafft

Nach jahrelanger Kritik ist die Extremismusklausel nun offiziell vom Tisch. Initiativen, die Fördermittel vom Bund beantragen, müssen sich nicht mehr per Unterschrift zur Demokratie bekennen. Zivilgesellschaftliche Initiativen begrüßen die Abwendung vom Generalverdacht gegenüber den Projekten.

Von Robert Lüdecke

Nur wenige Tage nach ihrem Amtsantritt kündigte die neue Bundesfamilienministerin Manuel Schwesig (SPD) die Abschaffung der Demokratieerklärung an. Die umgangssprachlich „Extremismusklausel“ genannte Erklärung war 2011 von Amtsvorgängerin Kristina Schröder (CDU) eingeführt worden. Durch eine persönliche Unterschrift mussten antragstellende Projekte sich gesondert zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen. Kritisiert wurden diese Regelung vor allem deshalb, weil die Initiativen so pauschal als potentiell linksextremistisch diffamiert würden.

Mehrere unabhängige Gutachten kritisierten die Klausel wegen ihrer Unverhältnismäßigkeit und stuften das Verlangen dieser als rechtlich fragwürdig ein. Auch, weil die Initiativen dafür Sorge zu tragen hatten, dass alle ProjektpartnerInnen ebenfalls verfassungstreu handeln. Wie dies zu durch die Projektträger zu realisieren sei, blieb hingegen schwammig formuliert. Im September 2013 wurde die Klausel nach langer Kritik abgeändert.

Schon Im Bundestagswahlkampf kündigte die SPD an, die Klausel abschaffen zu wollen. Das CDU-geführte Innenministerium, das die Klausel ebenfalls auf ein Förderprogramm für Demokratieprojekte anwendete, lehnte die Streichung jedoch ab. "Es geht hier überhaupt nicht darum, irgendeine Demokratieerklärung abzuschaffen", wie ein Sprecher von Bundesinnenminister Thomas de Maizière klarstellte. Schwesig hielt an ihrem Kurs jedoch fest, weil aus ihrer Sicht die „Bundesregierung mit dem Instrument der Extremismusklausel vielen ehrenamtlich Tätigen massiv auf die Füße“ trete.

Energien wieder auf Rechtsextremismus wenden

Nach langem Tauziehen einigten sich beide Ministerien nun auf die Streichung der Klausel. Anstelle der bisher eigenhändig zu unterzeichnenden Demokratieerklärung wird zukünftig im Zuwendungsbescheid an die geförderten Träger klar geregelt, dass keine Steuergelder an extremistische Organisationen oder Personen gehen dürfen. Auf die daraus resultierenden Anforderungen an Personen und Organisationen, die zur inhaltlichen Durchführung von Projekten herangezogen werden, soll in einem Begleitschreiben hingewiesen werden. Damit werde erreicht, "dass niemand mit Steuermitteln unterstützt wird, der sich nicht auf dem Boden des Grundgesetzes bewegt" heißt es.

Anetta Kahane, die Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, begrüßte die Einigung und hofft, dass nun wieder Inhalte im Vordergrund stehen: „Wir müssen die Aufmerksamkeit endlich auf die innerstaatlichen Defizite und den Alltagsrassismus lenken, anstatt uns um verwaltungsrechtliche Formalien zu streiten.“ Die langwierige Auseinandersetzung um die Klausel sei überflüssig und habe für Verunsicherung gesorgt. „Ich begrüße die Streichung der Extremismusklausel ausdrücklich. Damit hat das generelle Misstrauen gegenüber den Demokratieprojekten endlich ein Ende“, so Kahane.

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