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Der Rechtsaußen-Verein „Ein Prozent“ ist eine „Hassorganisation“

 
Die selbsternannte Bürgerinitiative „Ein Prozent“ hat vor Gericht die zweite Schlappe in Folge einstecken müssen. Die Organisation hatte wegen einer Sperrung gegen Facebook geklagt. Der Richter bestätigte ein vorinstanzliches Urteil und stellte fest: „Ein Prozent“ ist laut den Facebook-Gemeinschaftsstandards eine „Hassorganisation“.

Von Stefan Lauer

Zur Sperrung des Facebookaccounts, der laut Angaben von „Ein Prozent“ 100.000 Likes vorweisen konnte, kam es bereits im Sommer 2019, vor den Landtagswahlen in Brandenburg, wie Blick nach Rechts berichtet. Vor den Wahlen hatte der Verein, wie auch in Sachsen, zur „Wahlbeobachtung“ aufgerufen. Unter anderem mit Großplakaten im öffentlichen Raum. Nachdem in Babelsberg eines dieser Großplakate auf dem Gelände einer Behörde auftauchte, berichtete ein Journalist darüber. „Ein Prozent“, laut Selbstbezeichnung die „erste seriöse Lobbyorganisation für verantwortungsbewusste, heimatliebende Bürger“, veröffentlichte daraufhin über unterschiedliche soziale Medien persönliche Daten des Mannes, der daraufhin Morddrohungen erhielt. Im August 2019 sperren Facebook und Instagram die Accounts der Rechstaußen-Aktivist*innen. Der Konzern argumentierte unter anderem mit der Nähe des Vereins zur rechtsextremen „Identitären Bewegung“, die Facebook seit längerem als sogenannte „Hassorganisation“ behandelt. Dazu gehören laut Gemeinschaftsstandards, Gruppierungen, deren „Ideologie, Aussagen oder Aktivitäten Personen aufgrund bestimmter Eigenschaften angreifen. Zu diesen Eigenschaften zählen u. a. ethnische Zugehörigkeit, religiöse Zugehörigkeit, Nationalität, ethnische Herkunft, Geschlecht, sexuelle Orientierung, schwere Erkrankung oder Behinderung.“

Ein Prozent klagte und versuchte, mit einer einstweiligen Verfügung Facebook dazu zu zwingen, die Accounts wieder freizuschalten. Philipp Stein, der Vorsitzende des Vereins, stellte in einer eidesstattlichen Versicherung fest, es gäbe keine Verbindung zu den „Identitären“, Projekte der Gruppierung würden auch nicht finanziell unterstützt. Eine gewagte Strategie. So hatte „Ein Prozent“ beispielsweise auf Twitter um Spenden für den „Identitären“-Aktivisten Martin Sellner geworben. Sogar mit Bild des Vorsitzenden Stein.

Geförderte Projekte der Rechtsextremen, wie zum Beispiel das YouTube-Format „Laut Gedacht“, bedankten sich regelmäßig öffentlich bei den großzügigen Spendern. Und der Welt am Sonntag sagte Stein 2016 „sein Verein habe schon mehrere Aktionen der Identitären Bewegung finanziell unterstützt. Im Januar wolle man der Identitären Bewegung in Österreich 10.000 Euro Prozesskostenhilfe zukommen lassen.“

Im Prozess scheiterte der Verein vor dem Landgericht Görlitz. Aufgrund der Nutzungsbedingungen und der Gemeinschaftsstandards von Facebook, die Organisationen, die Hass verbreiten von der Nutzung ausschließen, habe der Konzern korrekt gehandelt und die Accounts gesperrt.

Gegen das Urteil legte der Verein Berufung ein. Die Maßnahmen seien willkürlich und unverhältnismäßig, die Gemeinschaftsstandards ohnehin unwirksam, außerdem sei „Ein Prozent“ selbst keine „Hassorganisation“, noch kooperiere der Verein mit einer. Das Oberlandgericht Dresden widersprach am 16. Juni in zweiter Instanz und bestätigte das Urteil aus Görlitz. Wieder erhielt Facebook recht, die Löschung sei rechtmäßig gewesen. Zusätzlich habe der Konzern glaubhaft gemacht, dass „Ein Prozent“ nicht nur die Hassorganisation „Identitäre Bewegung“ unterstützt habe, sondern selbst eine Hassorgansiation sei. Das Urteil ist rechtskräftig.

Eines der "Ein Prozent"-Plakate, hier im Erzgebirge.