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Drei Fragen an... Jörg Schönbohm

 "Brandenburg hat ein Rechtsextremismusproblem", sagt selbstkritisch das Brandenburger Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit s. Was hilft? MUT hat bei Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) nachgefragt, der gegenwärtig der Innenministerkonferenz voransteht.

 1. Herr Minister Schönbohm, haben wir uns in Deutschland wieder an Rechtsradikale gewöhnt?

Eindeutig nein! Wenn Ihre Frage auf einen Vergleich mit der Weimarer Republik zielt, kann man das so eindeutig sagen. Die politische Stimmung von heute ist mit der der 1920er Jahre inkeinster Weise zu vergleichen. Nach der letzten Umfrage des Instituts für angewandte Familien-, Kindheits- und jugendforschung der Universität Potsdam lehnt zum Beispiel eine klare Mehrheit der Jugendlichen in Brandenburg rechtsextremistische Statements ab. Mein persönlicher Eindruck passt hierzu, denn wenn ich im Land unterwegs bin, fällt mir in meinen Gesprächen die hohe Sensilibität gegenüber Rechtsextremismus auf. Der 'Tag der Demokraten' in Halbe war 2006 ein deutliches Zeichen dafür, dass der Zivilgesellschaft den Rechtsextremisten jeden Raum für ihre obskure Heldenverherrlichung genommen hat.

Aufgabe des Staates ist es, das zivilgesellschaftliche Engagement zu unterstützen, indem wir den ewig Gestrigen mit aller Deutlichkeit ihre Grenzen aufzeigen. Als erster Innenminister habe ich es mittels des Gräberstätten-Versammlungsgesetzes den Rechtsextremisten verwehrt, auch nur in Sichtweite an die Kriegsgräberstätte des Waldfriedhofes in Halbe heranzukommen.

2. "Gegen Nazis!" - wie sagen Sie's Kindern oder Jugendlichen?

"Für Demokratie!". Wenn man etwas nur verbietet, gewinnt das Verbotene am Ende noch Reiz für Kinder und Jugendliche. Es muss aber klar sein, was auf dem Spiel steht: dass Extremisten gegen Werte einstehen, die uns wichtig sein müssen, wenn wir vernünftig zusammenleben wollen. Der Brandenburger Verfassungsschutz hat ein Planspiel entwickelt, das mit einigem Erfolg in unseren Schulen gespielt wird. In dem Spiel nehmen Kinder die Rollen von Extremisten und Deokraten an, die gegeneinander antreten, um ein sachliches Problem zu lösen. In dem Spiel zeigt sich regelmäßig, dass Extremisten nur zerstören können. Sie haben nichts Kreatives an sich. Deokratie hingegen löst Probleme. Auch wenn man manchmal den Eindruck hat, dass das lange dauert.

Die Polizei des Landes Brandenburg kooperiert seit 2002 in vielfältiger Weise vor Ort mit den Schulen, derzeit bestehen 945 Partnerschaften zwischen Polizei und Schulen. Mit dem Abschluss einer Partnerschaftserklärung ist für mich die Arbeit aber nicht getan:
Um Wirkung zu erzielen müssen Sie vor Ort ansprechbar sei und Informationen bereitststellen. Dazu stellen wir Broschüren her, lassen die Jugendschutzausstellung 'Gratwanderung' des Landeskriminalamts durch Brandenburg reisen und beteiligen uns an der bundesweiten Aktion unter dem bezeichnenden Titel 'Wölfe im Schafspelz'.

3. Was können wir selbst gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit tun?

Alles was zivilgesellschaftliches Engagement gegen Extremismus stärkt, ist richtig und wichtig. Das gilt für die verschiedensten Einrichtungen in Deutschland, in denen Menschen mit viel Engagement gegen Extremismus und Gewalt auf vielfältigste Art antreten und für die Demokratie kämpfen. Das gilt zum Beispiel für die Amadeu Antonio Stiftung.

Der Staat hat die Pflicht und die Verantwortung, all dieses gute Handeln zu unterstützen. Gleichzeitig muss er das Schwert des Rechtsstaats immer scharf halten und gegen die Feinde der Demokratie und der Freiheit einsetzen. Das haben wir zum Beispiel dadurch getan, indem meine Sicherheitsbehörden bundesweit die meisten Indizierungsanträge bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien gestellt haben. Zudem haben wir mit mehreren Vereinsverboten wiederholt rechtsextremistische Strukturen zerschlagen. An dieser Stelle möchte ich Polizei und Verfassungsschutzdes Landes Brandenburg für die gute Arbeit danken, die diese Erfolge möglich gemacht haben".

Vertiefend zum Thema Brandenburg:
Schönbohm über Rolle der Kirchen: (Märkische Allgemeine vom 28.12.2007).>klick
Über Strategie und Taktik der NPD in Brandenburgs Kommunalwahlkampf. Von Werner Treß >klick 
"Mut zum Mut" - Tagesspiegel-Kommentar von Frank Jansen vom 6.12.2007 >klick
"Modellfall Brandenburg? MUT-Gastbeitrag von Anna Spangenberg vom 29.11.2007 >klick


Weitere Antworten im Rahmen unserer Serie "Drei Fragen an..."

Sebastian Schweinsteiger
Katrin Göring Eckhardt
Hermann Otto Solms
Wolfgang Schäuble
Gregor Gysi
Charlotte Knobloch
Monika Lazar
Hermann Kues
Sandra Maischberger
Ulrich Wickert


Die Serie wird in loser Folge fortgesetzt. Die Fragen stellten Silke Dürrhauer und Holger Kulick.
www.mut-gegen-rechte-gewalt.de


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Portrait Minister Schönbohm