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Affen im Zoo

Die HDJ ist verboten – was machen junge Neonazis jetzt? Fränkische Rechtsavantgardisten marschieren modern voran. Ab in den Zoo.

Aufgelesen von Arne Semsrott

Deutsche Vögel pfeifen, die Sonne wärmt die blonde Haut. Und im Gorillahaus sitzen die Kameraden. Nürnberg, die Hauptstadt der Bewegung war im März, pardon: Lenzing diesen Jahres Schauplatz eines revolutionären Aktes - Die Nationalen Sozialisten hatten geladen zum Zoobesuch. Gesichtslose Eltern mit gesichtslosen Kindern (Beweis) waren dem Aufruf gefolgt: Weg vom „kaputten Völkerbrei“ der deutschen Straße!

Dieser Zoobesuch brauner Artgenossen liest sich im Original beispielsweise so: „Erst dachte man noch ,Wozu Affen ansehen, da rennen doch draußen genug herum?!' aber hier wurde uns wieder einmal das nahende Schicksal unseres Volkes bewußt – wie diese Affen sind auch wir womöglich die letzten unserer Art, zerstört von widernatürlicher Rassenmischung und umweltfeindlichem Turbokapitalismus".  So ideologisch verklemmt palawerte allen Ernstes der Organisator auf seiner Homepage (die wir ausnahmsweise als Beleg verlinken), und kam zu dem Schluss: "Ein tolles Erlebnis für alle Beteiligten – in der Gemeinschaft, unter seinesgleichen das Erwachen der Natur mitzuerleben und fremdes kennenzulernen und zu schätzen. Wenn es denn nur immer so harmonisch laufen würde (Völkerfreundschaft), ganz ohne künstlichen Zwang (Multikulti-Diktatur)…".

Tierisch borniert

Ihren eigenen Zielen werden die nationalen Animalophilen aber nicht gerecht: So beschreiben die Nationalen recht inkonsequent, wie sie Giraffen, Eisbären und andere Ausländer-Tiere bewundern, vom deutschen Wattwurm und preußischen Maulwurf hingegen ist nicht die Rede.

Verblüffend ist auch die Blauäugigkeit der Kameraden und Nachwuchskameraden – so starten sie ihren Zoobesuch zwar artgerecht bei den Totenkopfaffen ("einer sehr geselligen Spezies"), ohne ihnen aber salutierend die gebührende Ehren zu erweisen (Affen mit Totenkopf! SS-Elite-Verbände!), sie ignorieren im Aquarium die Volksfeinde (Rotbarsch! Hammer- und Sichelhai! Kommunisten!) und nehmen auch die jüdisch-bolschewistische Weltverschwörung im Fuchsgehege (Rot! Hakennase!) nicht wahr.

Und wer schützt Nürnberger Zoobesucher vor der Überfremdung im Tierreich? Dass spontane Demonstrationen zur Unterstützung der deutschen Tierrassen ausbleiben, ist ein Affront, füttert doch der deutsche Steuerzahler afrikanische, asiatische und USraelische Zooinsassen auf eigene Kosten durch. Statt aber Dankbarkeit zu zeigen, rauben die Tiere nicht nur das Geld, sondern nehmen deutschen Konkurrenten auch noch die Zooplätze weg. Ein Skandal – ließen sich die Nazi-Papas etwa vom Namen der „Gebparden“ täuschen?

Und obwohl der Ausflug in den Nürnberger Tiergarten pro Familie fast 30 Euro kostet (60 Mark also! Und noch mehr Reichsmark! Plus Kosten für Eis!), wird die Safari in einen Trip gegen den Turbokapitalismus und die widernatürliche Rassenmischung umgedeutet.

Das kommt gut an bei der Zielgruppe. User „M.“ kommentiert: „Kaum zu glauben, dass es wirklich noch Nationalisten gibt, die etwas mit ihren Kindern unternehmen und sie nicht vor der Glotze und bei Fastfood verblöden und verfetten lassen“. Richtig. Also ab zu den Affen im Zoo.

www.mut-gegen-rechte-gewalt.de / Foto: Wikipedia